BELT Themen
Ein Belt.
Eine Region.
Viel lokales Potenzial.
Bei den BELT Topics handelt es sich um Querschnittsthemen, die für viele Orte in der BELT Region als relevant identifiziert worden sind und denen in Zukunft, besonders nach der Fertigstellung der festen Fehmarnbeltquerung, eine hohe Bedeutung beigemessen wird. Dazu gehören die Themen places of living, green-blue transition und business innovation. Während unter places of living die vielfältigen urbanen und ruralen Lebensräume in der Region verstanden werden, die sich den demographischen Veränderungen anpassen müssen, fokussiert die green-blue transition die Förderung nachhaltiger Transformationsprozesse im Energiesektor, im Verkehr und in der Hafenentwicklung. Business innovation beinhaltet die Entwicklung neuer Produktideen und Geschäftsmodelle, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, grenzübergreifende Zusammenarbeit zu stärken und langfristiges Wachstum in der Region zu sichern.
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Die Themen
Places of living
Ein wiederkehrendes Thema unserer Forschung auf der dänischen Seite der Fehmarnbelt-Region ist das Konzept des flexiblen Wohnens und seiner Bewohner*innen.
Im Jahr 2013 wurde das dänische Planungsgesetz so geändert, dass es Gemeinderäten erlaubte flexible Wohnberechtigungen für ganzjährige Wohnsitze erteilen zu können. In Dänemark besteht normalerweise eine Wohnpflicht für ganzjährige Wohnsitze, was bedeutet, dass Eigentümer*innen entweder selbst in der Immobilie wohnen oder sicherstellen müssen, dass sie vermietet wird. Mit einer flexiblen Wohnberechtigung entfällt diese Wohnpflicht jedoch faktisch. Die Immobilie kann dann entweder ganzjährig oder teilweise bewohnt werden, im Gegensatz zu Sommer- und Ferienhäusern, die nur unter bestimmten Umständen ganzjährig genutzt werden dürfen.
Das Ziel der Flexwohnsitzregelung war es, Eigentümer*innen für Immobilien, insbesondere in peripheren Gemeinden, zu finden, die Schwierigkeiten hatten, Immobilien zu verkaufen und daher einen Überschuss an Wohnraum aufweisen. Neben der Region Bornholm stehen die Kommunen Lolland, Guldborgsund und Vordingborg an der Spitze der dänischen Gemeinden, die die meisten flexiblen Wohnberechtigungen ausstellen, wobei die Gemeinde Lolland mit 711 Genehmigungen bis Ende 2023 führend ist.
Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Flexwohnsitzregelung in Dänemark führten die leitenden Forschenden von BUILD an der Universität Aalborg Jesper Ole Jensen und Helle Nørgaard eine Umfrage zur Nutzung von Flexwohnsitzen in der Gemeinde Lolland durch. Der Bericht zeigt, dass 66 % der Flexwohnsitzbesitzer*innen die Immobilie als Ferienhaus gekauft haben, während 32 % sie als Test für einen möglichen dauerhaften Umzug in die Region erworben haben. Unter denjenigen, die nicht dauerhaft in ihren Flexwohnsitzen wohnen, geben 44 % an, zwischen 60 und 180 Tage pro Jahr in der Immobilie zu verbringen. Außerdem nehmen 93 % der Flexwohnsitzbesitzer*innen physische Verbesserungen und Renovierungen vor, wenn sie die Immobilie übernehmen. Der Bericht zeigt auch, dass die Regelung vor Ort allgemein unterstützt wird, da die Vorteile der Flexwohnsitze für die lokale Bevölkerung deutlich sind: Es gibt weniger verfallene und ungenutzte Häuser und wohlhabendere Bewohner*innen nutzen lokale Dienstleistungen.
Im BELT-Projekt zeigen unsere Gespräche mit Einheimischen in Städten wie Nysted in der Gemeinde Guldborgsund eine ähnlich breite Unterstützung für die Flexwohnsitzregelung, auch zehn Jahre nach ihrer Einführung. Nysted, eine alte Handelsstadt, zeichnet sich durch eine markante Architektur in der Hauptstraße mit kleinen, bunten und schiefen Stadthäusern aus, die oft in Fachwerkbauweise errichtet und mit Stockrosen an den Haustüren verziert sind. Die Einführung der Flexwohnsitzregelung im alten Stadtkern hat zur Renovierung mehrerer Hausfassaden geführt, was den ästhetischen Wert der Stadt erhöht hat und sowohl von den Einheimischen als auch von Besucher*innen geschätzt wird.
Allerdings stehen nun weniger Häuser für Einzelpersonen und Familien zur Verfügung, die sich dauerhaft in der Stadt niederlassen möchten. Die Einheimischen äußern zudem die Sorge, dass die eingeschränkte Nutzung dieser Häuser durch die Flexwohnsitzbesitzer*innen in Ferien und an Wochenenden den Druck auf die lokale Zivilgesellschaft erhöht, da weniger aktive Teilnehmer*innen für alltägliche Aufgaben zur Verfügung stehen. Diese Aufgaben reichen von alltäglichen Erledigungen wie dem Einkaufen im örtlichen Supermarkt während der gesamten Saison, dem Leeren und Zurückbringen von Mülltonnen an Müllsammeltagen oder dem Entfernen von Unkraut auf Gehwegen bis hin zu größeren organisatorischen Aufgaben wie dem Besetzen von Vorstandsposten in Vereinen oder der Planung von Gemeindeveranstaltungen.
Flexwohnsitze haben großes Potenzial, Leben in die Fehmarnbelt-Region zu bringen. Dies ist auch in der Nebensaison möglich, da sie im Vergleich zu herkömmlichen Ferienhäusern besser für die ganzjährige Nutzung geeignet sind. Trotz der positiven Ergebnisse des BUILD-Berichts über die Motive und Nutzungsgewohnheiten von Flexwohnsitzbesitzer*innen besteht jedoch weiterhin Verbesserungsbedarf, insbesondere bei der Integration von Flexwohnsitzbesitzer*innen in die alltäglichen Aufgaben der lokalen Gemeinschaft. Dies würde dazu beitragen, dass Flexwohnsitze und ihre Besitzer*innen stärker als Einheimische und weniger als Tourist*innen wahrgenommen werden.
Verfasst von Astrid Laura Dam Jensen, November 2024
Erkundung regionaler Perspektiven: Eine frostige Expedition
Guldborg
Nakskov
Nysted
Exploring Regional Perspectives: A Chilly Expedition
Nakskov
Nakskov
Nysted
Exploring Regional Perspectives: A Chilly Expedition
Nysted
Nakskov
Nysted
Im Februar 2024 begaben sich die Forscher:innen des BELT-Projekts auf eine kalte, aber interessante Expedition zu den Winterbadestellen in Guldborg, Nysted und Nakskov. Trotz der frostigen Luft bot die Reise durch die Befragung von Fokusgruppen einen tiefen Einblick in die Region.
Unter dem Aspekt der Regionalentwicklung bietet die bevorstehende Fehmarnbelt-Querung eine bemerkenswerte Chance, die gesamte Region auf beiden Seiten des Fehmarnbelts neu zu gestalten. Die BELT-Initiative geht diese Reise mit einer dezentralen Perspektive an und weicht von der gängigen Darstellung der Fehmarnbelt-Querung als reine Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Hamburg und Kopenhagen ab. Stattdessen versucht die Initiative, das gesamte Potenzial der Region zu erschließen, indem sie die lokalen Kapazitäten und nachhaltigen Entwicklungsmöglichkeiten genau erfasst.
Die BELT-Initiative verfolgt einen netzwerk- und akteurszentrierten Ansatz und zielt darauf ab, eine gemeinsame und lokal verwurzelte Planungsvision für die Fehmarnbelt-Region zu entwickeln. Diese Vision wird durch ein komplexes Geflecht lokaler Initiativen und regionaler Perspektiven entwickelt und spiegelt ein Planungsethos wider, das tief in der Region selbst verankert ist und die ihr innewohnenden Fähigkeiten hervorhebt.
Im Mittelpunkt des Projekts steht die Erkundung des bestehenden Lebens und der Lebendigkeit in zahlreichen Gebieten der Region. Vor allem die Hafenstädte, die sich oft einer reichen, geschichtsträchtigen Identität rühmen können, sind ein eindrucksvolles Beispiel. Auf dieser Grundlage haben wir uns darauf konzentriert, die Initiativen zum Winterschwimmen in der Region zu erfassen. Diese lokal verankerten Bemühungen werfen ein Schlaglicht auf bestehende Aktivitäten, die außerhalb der traditionellen Sommermonate florieren.
Im Kern geht es bei diesem Projekt um die Erkenntnis, dass gelebte Erfahrungen unser Verständnis von regionaler (ungleichmäßiger) Entwicklung tiefgreifend prägen. In Anlehnung an das aufkeimende Feld der Geografien der Verkörperung und der Begegnungen untersucht unsere Studie das komplizierte Zusammenspiel zwischen Individuen und ihrem Einfluss auf die regionale Entwicklung, und zwar durch das Prisma ihrer gelebten Erfahrungen.
Unsere vorläufigen Ergebnisse bestätigen das entschlossene Engagement der Region für die Förderung von Vereinen und Basisinitiativen von Grund auf. Wir sind gespannt darauf, dieses Vorhaben auf ein breiteres Spektrum von Bereichen auszudehnen, um das lebendige Bild der Region noch weiter zu schärfen.
Verfasst von Anders Lund Hansen, Lasse Koefoed & Astrid Laura Dam Jensen
Bei einem gemeinsamen Stadtrundgang durch das Neustädter Entwicklungsgebiet Hafen und Bahnhofsumfeld sowie im Rahmen eines Austausches im Bauamt der Stadt Neustadt in Holstein wurden sowohl die Chancen der Hinterlandanbindung durch die Feste Fehmarnbeltquerung als auch Fragen der Flächennutzung und des Flächenverkaufs sowie der Entwicklung von Gewerbeflächen und Logistikparks diskutiert. Auch Möglichkeiten zur Vermeidung von Transiträumen und Vernetzungsformate wurden thematisiert.
Ein Stadtrundgang durch Neustadt
Notitzen aus dem Besuch in Neustadt
In der öffentlichen Diskussion um die Feste Fehmarnbeltquerung stehen vor allem Fragen der notwendigen Hinterlandanbindung und der Schieneninfrastruktur im Vordergrund. Obwohl die Bauarbeiten auf Fehmarn und in Rødby bereits begonnen haben, bestehen in den Regionen des sogenannten Hinterlandes verschiedene Unklarheiten und es mangelt an transparenter Kommunikation.
Offene Fragen sind z.B. die notwendige Flächeninanspruchnahme durch die Schieneninfrastruktur, wodurch Ländereien in Anspruch genommen werden. Umgekehrt erfordert dies den Verkauf durch Landwirte, wobei es nicht nur um Grund und Boden, sondern vor allem um Existenzen geht. Gleiches gilt für den Umgang mit der freien Landschaft, wenn Gewerbegebiete und Logistikparks entlang der Autobahn geplant und entwickelt werden. Es scheint an vorausschauenden und konstruktiven Ansätzen sowie an Transparenz zu fehlen.
Die Hinterlandanbindung führt auch dazu, dass regional bedeutsame Schienennetze - wie die Bäderbahn in Ostholstein - aufgegeben werden. Diese Aufgabe betrifft nicht nur Tourist:innen, sondern auch die Pendler:innen der Region. Gleichzeitig verlieren die ostholsteinischen Bäder damit ihre schnelle und umweltfreundliche Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Diese Unschärfen machen deutlich, dass die Regionen und Städte Ostholsteins nicht zu reinen Transitorten werden dürfen. Vielmehr sollten die Qualitäten der Orte in die Planung der Gesamterschließung einbezogen und mit ihnen behutsam umgegangen werden.
Neben den Unsicherheiten und vielleicht auch der mangelnden Transparenz ist aber für einige Orte und Städte schon heute klar, dass sie von der Festen Fehmarnbeltquerung und der Hinterlandanbindung profitieren werden, weil sie besser angebunden, besser erreichbar und besser vernetzt sein werden und gleichzeitig keine erhöhten Lärmemissionen befürchten müssen.
Grundsätzlich ist zu betonen, dass es derzeit noch an einem räumlichen Verständnis für die Region und die Entwicklungschancen fehlt, da vor allem die Dringlichkeit und die negativen Folgen der Hinterlandanbindung sowie die Möglichkeiten der Vermeidung im Vordergrund stehen. Daher ist es notwendig, Transparenz zu schaffen, Menschen und Räume zusammenzubringen und zu vernetzen. Um eine solche Vernetzung zu erreichen, bedarf es geeigneter Formate, in denen sich Menschen informell zusammenschließen und Städte, Gemeinden und Orte über fachliche Netzwerke wie z.B. ein gemeinsames Hafennetzwerk zusammenfinden.
Beigetragen von Anika Slawski & Anna Sofie Hvid